Steigende nukleare Gefährdung und Risikominderung
Während das Sicherheitsumfeld von wachsendem nuklearem Wettbewerb und Drohungen geprägt ist, erscheint die nukleare Risikominderung als vielversprechende Strategie zur Entschärfung der atomaren Gefahren. Konkrete Massnahmen bleiben jedoch wegen unterschiedlicher Faktoren schwer umsetzbar.
Nukleare Drohungen sind seit der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 zu einer regelmässigen Erscheinung geworden. Präsident Putin, seine engsten Vertrauten und die russischen Medien spielen häufig auf einen möglichen Atomwaffeneinsatz an, oft in Reaktion auf Aussagen oder Handlungen der Ukraine-Unterstützer. Angesichts wachsender Ängste vor einem Atomwaffeneinsatz und eines intensiveren nuklearen Wettbewerbs zwischen den USA und Russland, aber auch zwischen den USA und China, besteht eine erneute Dringlichkeit, den Einsatz von Atomwaffen zu verhindern. Verbindliche und überprüfbare Rüstungskontrollverträge haben in der Vergangenheit zumindest eine teilweise Abschaffung oder Beschränkung bestimmter Kernwaffensysteme bewirkt. Doch kaum jemand geht davon aus, dass derzeit noch neue Verträge ausgehandelt werden können. Die internationale Gemeinschaft setzt daher auf Massnahmen zur nuklearen Risikoreduktion, um gewisse messbare Fortschritte zu erzielen und die Risiken zu handhaben.
Unter nuklearer Risikominderung versteht man im weiteren Sinn Mechanismen zur Verringerung der Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes – als Teil einer Strategie, in einem Eskalationsszenario oder bei unabsichtlichem oder unbefugtem Einsatz. Ziel der Massnahmen ist meist unter anderem eine Verbesserung der Kommunikation, der Transparenz und der Sicherheit des Kernmaterials. Dies lässt sich auf weniger formalen Wegen erreichen, etwa durch nicht rechtsverbindliche Vereinbarungen, Absichtserklärungen und Verhaltenskodizes. In den letzten zehn Jahren kam der Risikoreduktion in Fach- und Regierungskreisen eine beträchtliche Aufmerksamkeit zu. Insbesondere im P5-Prozess – dem Forum der fünf Atomwaffenstaaten im Rahmen des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrags (Nuclear Non-proliferation Treaty, NPT) – haben Diskussionen zur Risikoreduktion Fahrt aufgenommen, wenn auch seit Februar 2022 in geringerem Ausmass. Als Beispiel für eine potenziell ausbaufähige Risikominderungsmassnahme wurde oft der «Heisse Draht» genannt, also Direktleitungen zwischen Regierungschefs bei grosser Gefahr von Fehlkommunikation oder Missverständnissen.
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